Kunstsammlung des einstigen Stahlriesen „Maxhütte“

Quelle: LVZ/Leipziger-Volkszeitung, 29.07.1998, S. 16

Einzigartiger Nachlaß der ersten DDR-Betriebsgalerie

Wer immer DDR-Kunst zeigt, kommt an unseren Beständen nicht vorbei.“ Stolz klingt in der Stimme von Kuratorin Maren Kroneck, wenn sie über die „Kunstsammlung Maxhütte“ berichtet. Denn während der einstige DDR-Stahlriese in Unterwellenborn vor gut drei Jahren endgültig das Zeitliche segnete, konnte den knapp 250 Kunstwerken dieses Schicksal erspart werden.
Mehr noch: Die Sammlung blieb als Ganzes erhalten. Neuer Besitzer wurde im Dezember 1995 das Land Thüringen, das die Verwaltung des bildkünstlerischen Schatzes in die Hände der Stahlwerk Thüringen GmbH, einer Tochter der luxemburgischen Arbed-Gruppe und Nachfolgerin der alten Maxhütte, legte. Seither waren und sind die Gemälden, Grafiken, Aquarellen und Keramiken begehrte Exponate in den verschiedensten Ausstellungen, nicht nur innerhalb Deutschlands. In Duisburg und Kopenhagen, in Berlin und Bonn wurden Teile des Bestandes präsentiert. In Luxemburg ermöglichte 1996 ein Querschnitt aus dieser Sammlung überhaupt eine erste Begegnung mit DDR-Kunst.


Der Bestand habe heute vor allem historischen Wert, da es sich um eine der wenigen geschlossenen Kunstsammlungen eines Großbetriebes der DDR handle. Sie widerspiegele auf nahezu einzigartige Weise die oft idealisierte Darstellung der Arbeitswelt in der Kunst des Landes und dokumentiere vierzig Jahre DDR-Kunstgeschichte mit ihren unterschiedlichen Strömungen. Bei der Bewertung des Nachlasses müsse man sehr differenzieren. Man werde ihm weder mit hämischer Arroganz noch mit verklärter Ostalgie gerecht.
Der Unterwellenborner Betrieb war zwischen 1946 und 1989 mehrfach Ziel von Künstlern. Zum einen wurden sie von der Partei dorthin delegiert, zum anderen suchten sie sich selbst ihren künstlerischen Gegenstand. Nachweislich 66 Maler und Grafiker arbeiteten dort über die Jahrzehnte hinweg und schufen über 300 Werke über die Hütte, deren Kumpel und das Umfeld. Als besonders wichtiges „Medium“ für den Aufbau der Kunstsammlung erwies sich die Kleine Galerie im Kulturpalast der Maxhütte Unterwellenborn. Sie wurde 1972 von Margret und Edwin Kratschmer, den Eltern der Kuratorin, begründet und war damit die erste Betriebsgalerie in der DDR überhaupt.


Das engagierte Paar, das sich damals zudem um die Anfänge des DDR-Poetenwettbewerbs verdient machte, präsentierte in der Galerie bis zur Schließung 1990 rund 7000 Werke von annähernd 270 Künstlern mit ganz unterschiedlichen Handschriften. Die 1988 ins Haus stehende 100. Schau brachte sie auf die Idee der republikweiten spektakulären Aktion „Max braucht Kunst“, mit der „erregende Kunstwerke für eine erregende Zeit“ geschaffen werden sollten. Mehr als 30 Künstler folgten damals dem Aufruf. Sie brachten der Sammlung mit 120 Gemälden und Grafiken nicht nur einen kräftigen quantitativen, sondern sondern auch einen qualitativen Schub, da vor allem junge Künstler die Aufforderung ernst nahmen und zum Teil sehr mutige Arbeiten schufen. Uschi Lenk
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