Kulturpalast Unterwellenborn als Modellforschungszentrum

Quelle: Ostthüringer Zeitung vom 20.8.2025, S. 14

In Sachen Kulturpalast geht spürbar nicht viel voran. Im Hintergrund wird aber verhandelt. Was der Projektkoordinator durchblicken lässt

von Benjamin Hertel

Unterwellenborn. „Egal, was hier alles passiert, derjenige, der sich am meisten der ganzen Situation widersetzt, ist der Kulturpalast selbst.“ Das soll angesichts des Verfalls des Kulturpalastes die ehemalige Bürgermeisterin von Unterwellenborn, Andrea Wende, gesagt haben, als sie nach einem vom Eigentümer ausgesprochenen Hausverbot zum ersten Mal nach langer Zeit wieder in dem Gebäude stand.

Trotzdem sei es laut Pierre Wilhelm, Projektkoordinator „Kulturpalast Unterwellenborn“, gut gewesen, dass der Freistaat Thüringen in der Zwischenphase viel Geld in die Seitenflügeldächer investiert habe. „Das hätte sonst wirklich katastrophal ausgesehen“, teilt er gegenüber dieser Zeitung mit. Vor circa einem Jahr organisierten Eigentümer, Bürgermeister und Landrat, unterstützt von der Thüringer Staatskanzlei, ein erstes Werkstattgespräch und loteten aus, wie es mit dem Gebäude weitergehen könnte. Von den Ergebnissen drang bisher so gut wie nichts nach außen.

„Ich wäre auch frustriert, wenn ich jeden Tag an dem Haus vorbeigehen müsste“, sagt Wilhelm und äußert durchaus Verständnis für den Unmut vieler Unterwellenborner. „Parallel passieren aber große Dinge im Hintergrund“, so der Potsdamer weiter. Und die bräuchten eben einen langen Atem. Trotz der Verhandlungen würde aber mit Nachdruck der Eigentümerseite klargemacht, dass nicht nachgelassen werden könne, was die Einhaltung der baulichen Sicherungspflichten anbelangt, die seien vom Eigentümer zu erfüllen.

Die Eigentümerseite wolle hingegen eine rasche Klärung haben. Im Moment würden dazu Detailfragen verhandelt. Ziel sei es, eine Stiftung aufzubauen. Pierre Wilhelm zufolge wurde 2024 das Netzwerk für Bildung und Begegnungsorte gegründet. Untertitel: „Auf den Spuren von Ernst Abbe“. Der Kulturpalast soll für das Netzwerk Modellforschungszentrum „Zukunft Ländlicher Raum“ werden. Botschafter des Netzwerkes ist unter anderem Thüringens einstiger Wirtschafts- und Wissenschaftsminister Wolfgang Tiefensee. Das Netzwerk soll Menschen aus allen Regionen, Lebenswelten und Generationen zusammenbringen.

„Wir wollen den Aufbruchsgeist der Gründer- und Nachkriegszeit für eine gesellschaftliche Dynamik wiederbeleben“, heißt es. Daran wolle man auch Leute mit viel Geld erinnern, meint Wilhelm, dass so auch eine Gesellschaft aussehen könne. „Wenn die öffentlichen Haushalte so kaputt sind wie aktuell, dann wird es dieses Engagement von Großvermögenden brauchen.“ Die wiederum sollten den Blick dafür bekommen, dass Zusammenhalt von Gesellschaft wichtig ist.

Jene, die in ihren akademischen Berufen viel Geld verdienen, müssten verstehen lernen, dass ihr Studium von der Gesellschaft bezahlt wurde und es nicht sein könne, dass das Mehr an Geld, was sie hätten, nur für Privates ausgegeben, sondern auch in Projekte wie den Kulturpalast reinvestiert werden sollte. Das sei viel Geld, was in Bezug auf Unterwellenborn gebraucht werde, aber es ginge auch darum, ein gesamtgesellschaftliches Bewusstsein zu stärken.

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